Egon Schiele – Tod und Mädchen

Anfang des 20. Jahrhunderts ist Egon Schiele einer der provokantesten Künstler Wiens. Sein Leben und sein Werk sind geprägt von Erotik und Vergänglichkeit, seine Bilder sorgen für Skandale und bringen ihn sogar vor Gericht. Frauen sind der Zündstoff für seine Kunst, vor allem seine jüngere Schwester Gerti und seine wohl einzige große Liebe Wally Neuzil, die er in dem Gemälde „Tod und Mädchen“ verewigt. Als jedoch der Ausbruch des Ersten Weltkrieges sein künstlerisches Schaffen gefährdet, entscheidet er sich, Wally zu opfern.

Nackte Tatsachen. Ein Prater-Etablissement vor über 100 Jahren: schummriges Licht, viel Alkohol, Hochstimmung. Auf der Bühne posieren spärlich bekleidete junge Frauen in anzüglichen „Tableaus“, das Publikum klatscht begeistert. Die Chefin (Nina Proll) sieht nach dem Rechten, und nach Betriebsschluss gibt’s noch einen Umtrunk für ein paar junge Künstler – darunter auch Egon Schiele (Noah Saavedra), noch keine 20, Student an der Akademie der bildenden Künste. Ein Jahrhundert vor youporn gab’s nicht viel Gelegenheit, andere Menschen ohne Kleidung zu sehen – und Schiele ist äußerst interessiert, allerdings nicht rein sexuell: Wie besessen zeichnet und malt er nackte Frauen. Nicht naturalistisch, sondern ehrlich, von einer Wahrhaftigkeit und Unvermitteltheit, die unerhört wirkte.

Zeichnen & malen. Lange Zeit war Egons jüngere Schwester Gerti (Maresi Riegner) sein liebstes Modell, später lernte er über Gustav Klimt (Cornelius Obonya) das Modell Wally Neuzil (Valerie Pachner) kennen, seine große Liebe und größte Inspiration – bis zur Heirat mit der reichen Edith Harms (Marie Jung), die er nur drei Tage überlebte, beide starben 1918 an der Spanischen Grippe, Schiele war erst 27.

Bildgewalt. Unvergleichlicher Strich, aufsehenerregende Motive: Egon Schiele gehört unbestritten zu den größten Malern und Zeichnern, die Österreich je hervorgebracht hat. Sein Stil war bahnbrechend, zu seinen Lebzeiten neu und ungewohnt, und auch höchst provokant – was heute Kunst mit Millionenwert ist, galt damals oft als Pornografie. Filmemacher und TV-Legende Dieter Berner (Alpensaga, Arbeitersaga) zeichnet nun auf Basis von Hilde Bergers Romanbiografie die Lebensgeschichte eines großen Künstlers, der seine Kreativität und Energie vor allem von den Frauen nährte, die ihn umgaben: Die Kunst als Abbild von Geschlechterrollen. Ein Biopic, das schon allein deswegen weit mehr ist als die Nacherzählung eines Lebens. Beeindruckend auch die Besetzung: Neben der großartigen Neuentdeckung Noah Saavedra in der Titelrolle glänzt als Wally die junge Oberösterreicherin Valerie Pachner, die kurz vor ihrem großen internationalen Debüt steht: Sie ist eine Hauptdarstellerin in Radegund, dem neuesten Werk des geheimnisumwitterten Ausnahmeregisseurs Terrence Malick